Geht man von der Ersterwähnung des Namens Litauen in schriftlichen Quellen aus, ist die Geschichte von Litauen ein Jahrtausend alt. In über 900 Jahren gab es verschiedene historische Perioden: Das mittelalterliche Litauen hatte ähnlich wie Frankreich seinen hundertjährigen Krieg, erlebte aber auch kulturelle und politische Höhepunkte.

Manch Litauer ist auch heute noch nicht nur auf den einst mächtigen litauischen Staat stolz, der sich von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer erstreckte, sondern auch auf bekannte kulturelle Leistungen bei der Erschaffung des Rechts, der Belletristik und philosophischer Abhandlungen. Die historische Vergangenheit Litauens wurde von Vertretern verschiedener Ethnien geformt: von Litauern, Russen, Polen, Juden, Deutschen, die in der Vergangenheit Litauens oft tiefere Spuren hinterließen als in vielen anderen europäischen Ländern.
Die Multikulturalität in der litauischen Geschichte, die von der Bevölkerung Litauens im 20. Jh. lange nicht verstanden und ignoriert wurde, wurde erst Ende dieses Jahrhunderts als ein großer Wert begriffen.
In der litauischen Geschichte gab es alles; die Bürger der drei litauischen Staaten waren in verschiedenen Rollen: Eroberer und Unterdrückte, Vorreiter kultureller Ideen und deren Anhänger, Dissidenten und Angepasste. Wegen der Verschiedenheit der historischen Vergangenheit haben die Autoren dieses Booklets erst gar nicht systematisch versucht, die gesamte Geschichte Litauens in ein künstliches Schema zu pressen, das die spezifischen Züge verschiedener historischer Epochen auch gar nicht wiedergeben könnte. Es wurde versucht, die Geschichte mit der vielseitigen Spezifik verschiedener Etappen darzulegen. Die Autoren haben sich viel stärker als ihre Vorgänger bemüht, die multikulturelle Vergangenheit litauischer Geschichte zu berücksichtigen, in der Hoffnung, dass eine solch neue Interpretation der Geschichte sehr nützlich nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft sein kann.

Prof. Dr. Alvydas Nikžentaitis (verantwortlicher Redakteur)

 

Demografie

Die litauische Bevölkerung verringert sich seit dem Ende der Sowjetunion 1990 kontinuierlich. 1992 war mit knapp über 3,7 Millionen Einwohnern das Maximum erreicht, 2000 waren es noch 3,5 Millionen, und zum 1. Januar 2008 waren es nur noch 3,37 Millionen Einwohner. Zu diesem Rückgang trägt die Abwanderung (siehe unten) ebenso bei wie der Sterbeüberschuss. Bei den Geburten wurde 2002 mit 30.000 Geburten (8,6 je 1.000 Einwohner) der absolute Tiefpunkt erreicht, seither ist die Rate wieder leicht angestiegen: 2007 waren es landesweit 32.250 Geburten (9,6 je 1.000 Bewohner). Während der Westen des Landes gebärfreudiger ist als der Rest Litauens, ist der Sterbeüberschuss in den östlichen Grenzregionen am größten, da sie am stärksten von Überalterung betroffen sind (über 20 Todesfälle pro 1.000 Einwohner in den Landkreisen Ignalina, Šven?ionys und Zarasai, im Landesdurchschnitt 13,5 für 2007).

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Litauen einen rasanten Wandel zu einer urbanen Gesellschaft erlebt. 1959 lebten noch 3/5 der Bevölkerung auf dem Land, 1970 war das Verhältnis ausgeglichen, und 1990 war das heutige Verhältnis von 2/3 städtischer Bevölkerung zu 1/3 Landbevölkerung erreicht.

Sprachen
Litauisch

Litauisch als Muttersprache sprechen ca. 2.694.000 Einwohner. Das Litauische gehört zu den baltischen Sprachen, zu denen auch das Lettische zählt. Es gilt in vielen Eigenschaften als besonders archaisch und daher der rekonstruierten indogermanischen Ursprache besonders nahestehend.
Andere Sprachen

Polnisch sprechen ca. 358.000, Russisch ca. 344.000, Weißrussisch ca. 63.000, Ukrainisch ca. 45.000, Tatarisch ca. 5.100, Lettisch ca. 5.000, Karaimisch ca. 300.

In Klaip?da (Memel) und auf der Kurischen Nehrung finden sich noch einige Litauer, die Deutsch sprechen. Polnisch ist im östlichen Teil, besonders in den ländlichen Regionen um Vilnius und im Gebiet um die Ortschaft Dievenišk?s, häufig anzutreffen, da dort trotz der Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg eine große polnische Minderheit verblieben ist. Durch die jahrhundertelange Präsenz des Russischen in Litauen hat sich das von den Polen gesprochene Polnisch teilweise mit russischen Wörtern und Ausdrücken vermischt, welches nun als Litauisches Polnisch gesprochen wird.